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Erklärvideo: Was ist der Ditte Weg? | 2 Minuten | VdDD 2024

Was ist kirchliches Arbeitsrecht?

Auch in der Diakonie gilt das staatliche Arbeitsrecht. Ergänzende kirchliche Regelungen setzen auf Schlichtung bei Tarifkonflikten, eine breite Mitbestimmung und ein christliches Profil. Wir geben einen Überblick ...

Die Kirche ist durch den Auftrag geprägt, die biblische Botschaft von Gottes Liebe durch Wort und Tat zu verbreiten. Das gilt auch für die soziale Arbeit der evangelischen Kirchen, also die Diakonie. Der Begriff Diakonie kommt aus dem Griechischen und bedeutet Dienst. Gemeint ist damit der Dienst am Menschen. Ein biblisches Vorbild ist der barmherzige Samariter, der konsequent Hilfe leistet, als jemand in Not ist.  

Um ihrem christlichen Auftrag gerecht zu werden, gestalten Kirche und Diakonie das kirchliche Arbeitsrecht, das ergänzend zur allgemeinen Arbeitsgesetzgebung gilt. Die Möglichkeit eigener Bestimmungen folgt aus der in Deutschland garantierten Religionsfreiheit. Der Kirche steht es frei, ihre eigenen Angelegenheiten entsprechend ihrem christlichen Selbstverständnis und ihren Werten zu organisieren und zu regeln. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht ist im Grundgesetz verankert (siehe Artikel 140 GG).

Zum Selbstverständnis von Kirche und Diakonie gehören: 

1. Konsensorientierung und verbindliche Schlichtung

Arbeitskämpfe in Bereichen der Daseinsvorsorge stellen Menschen vor große Herausforderungen – wenn zum Beispiel Eltern und Kinder von einem Kitastreik betroffen sind  oder Patientinnen und Patienten von einem Warnstreik im Krankenhaus. Aus kirchlicher Sicht kommt es nicht in Frage, Streit um Arbeitsbedingungen auf dem Rücken von Hilfebedürftigen und ihren Angehörigen auszutragen. Der unbedingte Dienst am Menschen steht an erster Stelle. Tarifkonflikte werden deshalb über ein verbindliches Schlichtungsverfahren gelöst. Streiks und Aussperrungen sind nicht zulässig.

Mit dem Modell der verbindlichen, unparteiischen Schlichtung werden einerseits die Interessen der Mitarbeitenden gewahrt, andererseits werden Arbeitskampfmittel (Streik, Aussperrung) verzichtbar, die dem kirchlichen Verständnis von friedlicher Konfliktlösung widersprechen. Dieses Modell wurde vom Bundesarbeitsgericht im Jahr 2012 ausdrücklich als gleichwertig bestätigt. Mehr zur Tariffindung in der Diakonie finden Sie hier. 

Grundsätzlich werden in Kirche und Diakonie Partnerschaftlichkeit, Dialog und Kooperation zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern angestrebt, die hier Dienstgeber und Dienstnehmer genannt werden. Gemeinsam bilden beide Seiten eine Dienstgemeinschaft

2. Gelebte Mitbestimmung

Die Interessen der Mitarbeitenden sollen in allen Einrichtungen von Kirche und Diakonie vertreten werden. Dieser Grundsatz prägt die kirchlichen Regelungen zur betrieblichen Mitbestimmung. Träger und Einrichtungen müssen darauf hinwirken, dass Mitarbeitendenvertretungen (MAV) gebildet werden. Der Umfang der Mitbestimmungsrechte ist mit der im Betriebsverfassungsgesetz geregelten Mitbestimmung gleichwertig. Mitarbeitervertretungen sind beispielsweise bei jeder Neueinstellung zu beteiligen oder auch bei der Arbeitszeitorganisation in den Einrichtungen.

Geregelt wird die betriebliche Mitbestimmung im Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD), vereinzelt auch in regionalen landeskirchlichen Ausprägungen. 

Seit 2024 gibt es zudem eine verbindliche Regelung, wonach Mitarbeitende unter bestimmten Voraussetzungen in den Aufsichtsgremien diakonischer Unternehmen zu beteiligen sind. Viele diakonische Unternehmen tun dies heut schon auf freiwilliger Basis. Mehr zur Unternehmensmitbestimmung in der Diakonie finden Sie hier.

3. Christliches Profil

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat in der sogenannten Mitarbeitsrichtlinie die wesentlichen Merkmale für die Arbeit in der Kirche und Diakonie zusammengefasst. Alle, die in der Kirche und ihrer Diakonie tätig sind, tragen zur Erfüllung des kirchlichen Auftrags bei. Leitungen und Mitarbeitende sind in einer Dienstgemeinschaft verbunden. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich Mitverantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher und diakonischer Aufgaben und müssen das kirchliche und diakonische Profil der Einrichtung achten. 

Allerdings setzt die Arbeit in der Diakonie in der Regel keine Kirchenmitgliedschaft voraus. Nur in Ausnahmefällen ist die Mitgliedschaft erforderlich – und zwar für Tätigkeiten in der Verkündigung  (also zum Beispiel für das Pfarramt), der Seelsorge, der evangelischen Bildung oder bei (besonderer) Verantwortlichkeit für die evangelische (bzw. christliche) Profilierung der Dienststelle oder Einrichtung bzw. ihrer glaubwürdigen Vertretung nach Außen.

Ergebnisse des kirchlichen Arbeitsrechts

Das kirchliche Arbeitsrecht führt in der Praxis zu guten Ergebnissen - sowohl im Interesse der Mitarbeitenden als auch der diakonischen Unternehmen: 

  • Hohe Tarfbindung

Diakonische Einrichtungen und Träger sind auf Grund ihrer Mitgliedschaft in einem Diakonischen Werk verpflichtet, bestimmte kirchliche Tarifwerke anzuwenden. Welche dies sind, ist in den Satzungen der Diakonischen Werke und in Kirchengesetzen geregelt. Insgesamt kommen ein überregionaler und zehn regionale Tarifwerke zur Anwendung. Die Flächentarifbindung liegt in diakonischen Einrichtungen in den Kernarbeitsbereichen bei rund 97 Prozent der Beschäftigten (Quelle: VdDD-Herbstumfrage 2024). Die Tarifbindung im Bereich der Caritas liegt ebenfalls auf gleichem Niveau. Eine ähnlich hohe Tarifbindung existiert sonst nur noch im Bereich des Öffentlichen Dienstes. In der gesamten Gesundheits- und Sozialwirtschaft (inklusive Diakonie und Caritas) sind demgegenüber nur etwa die Hälfte der Beschäftigten tariflich bezahlt. Bei privat-gewerblichen Anbietern in dieser Branche sind es sogar nur 20 Prozent der Mitarbeitenden, die auf einer tariflichen Grundlage beschäftigt werden.

  • Breite Mitbestimmung

In 99 Prozent aller diakonischen Einrichtungen bestimmen Mitarbeitervertretungen in personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten mit und üben Beteiligungsrechte aus. Eine ähnlich hohe Vertretungsquote existiert in Deutschland außerhalb der kirchlichen Einrichtungen nur im Öffentlichen Dienst. Dagegen haben nur 7 Prozent der weltlichen Unternehmen einen Betriebsrat (Quelle: Statistisches Bundesamt). 

Nach Erhebungen des VdDD beteiligen derzeit bereits 28 Prozent der diakonischen Unternehmen Vertreter der Mitarbeitenden in ihren Aufsichtsgremien, Tendenz steigend.

  • Attraktive Arbeitsbedingungen

Die kirchlichen Tarifwerke im Bereich der Diakonie sind für Mitarbeitende attraktiv und für diakonische Unternehmen im Hinblick auf die Wettbewerbssituation auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig. In einem Gehaltsvergleich zwischen Wohlfahrtsverbänden (Wohlfahrt Intern 2024 und 2023) belegt die Diakonie zweimal hintereinander Platz Eins.

Neben der guten Vergütung punkten diakonischen Einrichtungen mit umfangreichen Sonderleistungen, Zulagen und Zuschlägen. Dazu zählen:
•    Zulagen für (Wechsel-)Schichtarbeit
•    Zuschläge für Nachtarbeit, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, Samstagsarbeit, Überstunden
•    Kinderzulagen
•    Jahressonderzahlungen i.d.R. in Höhe eines 13. Monatsgehaltes
•    Zuschuss zum Krankengeld 
•    Jubiläumszuwendungen
•    Beihilfen im Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie Sterbegeld
•    Erholungsurlaub von mindestens 30 Tagen, Zusatzurlaub für Nachtarbeit 
•    Arbeitszeitkonten
•    betrieblichen Altersvorsorge

Mehr zum Thema Mitarbeitervorteile finden Sie unter Arbeiten in der Diakonie.

 

Vorteile des kirchlichen Arbeitsrechts ...

Beste Arbeitsbedingungen

Die Diakonie zahlt mit die höchsten Gehälter im Sozialbereich. Obendrauf kommen Zulagen wie Familienzuschläge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Außerdem bietet die Diakonie eine zusätzliche Altersvorsorge und verlässliche Regelungen der Arbeitszeit.

Gezahlt wird nach Tarif

Für 97 Prozent der diakonischen Mitarbeitenden gilt ein kirchlicher Tarif (Arbeitsvertragsrichtlinien oder Tarifvertrag). Das ist viel, denn im Bundesdurchschnitt wird nur knapp die Hälfte aller Beschäftigten nach Tarif bezahlt.

Starke betriebliche Mitbestimmung

In so gut wie allen diakonischen Unternehmen gibt es Mitarbeitendenvertretungen. Diese bestimmen in personellen und sozialen Angelegenheiten mit – genauso wie Betriebs- und Personalräte. Außerhalb der Diakonie haben dagegen nur 8 Prozent der Unternehmen einen Betriebsrat.

Gemeinsam statt Gegeneinander

Was verdiene ich? Wieviel Urlaub steht mir zu? In der Diakonie handeln Arbeitgebende und Arbeitnehmende diese Dinge gleichberechtigt in Kommissionen aus. Können sich beide Seiten nicht einigen, kommt es zur unparteiischen Schlichtung.

Arbeitskämpfe (Streiks und Aussperrungen) sind im kirchlichen Arbeitsrecht ausgeschlossen, weil darunter die Hilfebedürftigen in sozialen Einrichtungen leiden würden. Auch das gehört zum diakonischen Selbstverständnis!

Offen und vielfältig – evangelisch eben

Die Diakonie ist im evangelischen Glauben verwurzelt. Das heißt, sie ist offen und vielfältig – denn vor Gott sind alle Menschen gleich! Hier arbeiten Menschen unterschiedlicher Kulturen und mit verschiedenen Orientierungen zusammen.

Die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche ist sehr willkommen und für manche Tätigkeiten unverzichtbar – aber sie ist keine Pflicht für alle!

Was ist der "Dritte Weg?"

Für Löhne, Urlaubstage und Arbeitszeiten gelten gesetzliche Mindeststandards. Darüber hinausgehende Regelungen können auf drei Wegen ausverhandelt werden. Diakonie und Kirche gehen in der Regel den Dritten Weg. Ein Überblick.

Als „Dritter Weg“ wird das Verfahren bezeichnet, mit dem die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas in der Regel die Arbeitsbedingungen mit ihren Mitarbeitenden aushandeln. Die Wege der Arbeitsrechtssetzung unterscheiden sich darin, wer verhandelt und was im Konfliktfall passiert. Allen Wegen gemeinsam ist, dass die gesetzlichen Mindeststandards der allgemeinen (staatlichen) Arbeitsgesetze eingehalten werden müssen.

Erster Weg: Individuelle Arbeitsverträge

Hier vereinbaren Unternehmen und einzelne Mitarbeitende die Arbeitsbedingungen direkt miteinander – also etwa das Gehalt, die Arbeitszeiten und den Urlaub. Im Konfliktfall sind Mitarbeitende auf sich gestellt. Wird ihnen beispielsweise eine Gehaltserhöhung verweigert, müssen sie das hinnehmen – es sei denn, sie entscheiden sich, zu kündigen. In der Sozial- und Gesundheitswirtschaft schließen vor allem privatgewerbliche Anbieter individuelle Verträge mit den Mitarbeitenden. Grundlagen sind die Vertragsfreiheit und die allgemeinen Arbeitsgesetze.

Zweiter Weg: Tarifverträge

Mit Tarifverträgen werden Regelungen gefunden, die nicht nur für einzelne Mitarbeitende gelten, sondern für viele Mitarbeitende eines Betriebes, in mehreren Unternehmen oder einer ganzen Branche. Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften handeln die Tarifverträge miteinander aus. Können sich beide Seiten nicht verständigen, kann über Arbeitskämpfe Druck gemacht werden. Gewerkschaften dürfen beispielsweise Streiks organisieren, um höhere Gehälter durchzusetzen. Umgekehrt dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeitenden ohne Lohnzahlung freistellen, also aussperren. In der Gesundheits- und Sozialwirtschaft schließen vor allem staatliche Träger und nicht kirchlich gebundene Wohlfahrtsverbände Tarifverträge ab. Den Rahmen bilden das Tarifvertragsgesetz und die allgemeinen Arbeitsgesetze.

Dritter Weg: Das Kommissionsmodell

Hier verhandeln Arbeitsrechtliche Kommissionen die Gehälter und weiteren Arbeitsbedingungen – deshalb wird der Dritte Weg auch „Kommissionsmodell“ genannt. Die Kommissionen sind zu gleichen Teilen mit Vertreterinnen und Vertretern der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite besetzt. Beide Seiten können Anträge zur Änderung der Löhne und sonstigen Arbeitsbedingungen stellen. Erzielt ein Antrag in zwei Sitzungen nicht die erforderliche Mehrheit, kann die Schlichtung angerufen werden. Gibt es auch in der Schlichtung keine Einigung, hat am Ende die unabhängige Schlichterin oder der unabhängige Schlichter die entscheidende Stimme. Da das Schichtungsergebnis verbindlich ist, erhöht dies den Einigungsdruck. Streiks und Aussperrungen werden auf diese Weise ersetzt (Mehr dazu unter: Was ist kirchliches Arbeitsrecht?).

Über den Dritten Weg werden die Löhne und Arbeitsbedingungen für schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen in Deutschland gestaltet, die in der evangelischen und katholischen Kirche sowie bei der Caritas und in der Diakonie arbeiten. 

Den Rahmen bilden für die Evangelische Kirche in Deutschland und die Diakonie das Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz (ARGG-EKD) und weitere Kirchengesetze sowie die allgemeinen Arbeitsgesetze. Dieses Modell der Arbeitsrechtssetzung wurde vom Bundesarbeitsgericht im Jahr 2012 ausdrücklich bestätigt.

Weiterer Weg: Kirchengemäße Tarifverträge

Das ARGG-EKD ermöglicht auch den Abschluss von kirchengemäßen Tarifverträgen. Kirchengemäß bedeutet: Partnerschaft auf Augenhöhe und das Lösen von Konflikten durch eine verbindliche Schlichtung, nicht durch Arbeitskämpfe. Kirchengemäße Tarifverträge sind in den Gliedkirchen und Diakonie-Landesverbänden nicht sehr verbreitet. Seit einiger Zeit gibt es Flächentarifverträge in der Diakonie in Niedersachsen und in einigen Bereichen der Nordkirche.

 

Mehr unter:
VdDD kompakt: Der Dritte Weg
 

Kirchliches Arbeitsrecht: Fragen und Antworten

Die Diakonie ist der soziale Dienst  der evangelischen Kirche. Deshalb gilt für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – neben dem allgemeinen Arbeitsrecht – kirchliches Arbeitsrecht. Dies trägt den Besonderheiten diakonischer Arbeit und dem christlichen Auftrag zur gelebten Nächstenliebe Rechnung. 

Die kirchlichen Regelungen setzen auf eine verbindliche Schlichtung statt Arbeitskampf bei Tarifkonflikten und eine breite Mitbestimmung der Mitarbeitenden. Menschen, die auf diakonische Dienste wie z.B. Pflegeleistungen oder Kinderbetreuung angewiesen sind, sollen nicht unter Konflikten um Arbeitsbedingungen leiden.
 

Ja, Kirche und Diakonie haben das Recht, ihre Arbeitsbedingungen selbst zu gestalten.

Grundlage dafür ist neben der Religionsfreiheit das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, das im Grundgesetz verankert ist (Artikel 140 GG). Demnach ordnen und verwalten Religionsgesellschaften ihre Angelegenheiten selbstständig, und zwar „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“.

Das kirchliche Arbeitsrecht gilt ergänzend zum allgemeinen Arbeitsrecht. Die Zulässigkeit der kircheneigenen Verfahren wurde von Gerichten wiederholt bestätigt.

Das kirchliche Arbeitsrecht setzt auf Konsens und Dialog zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die in Kirche und Diakonie Dienstgeber und Dienstnehmer genannt werden. 

Konkret regelt das kirchliche Arbeitsrecht drei Bereiche: 
1.    Friedliche Konfliktlösung: Arbeitskämpfe in Bereichen der Daseinsvorsorge stellen Menschen vor große Herausforderungen – wenn zum Beispiel Eltern und Kinder von einem Kitastreik betroffen sind oder Patientinnen und Patienten von einem Warnstreik im Krankenhaus. Aus kirchlicher Sicht kommt es nicht in Frage, Streit um Arbeitsbedingungen auf dem Rücken von Hilfebedürftigen und ihren Angehörigen auszutragen. Der unbedingte Dienst am Menschen steht an erster Stelle. Tarifkonflikte werden deshalb über ein unabhängiges und verbindliches Schlichtungsverfahren gelöst. Streiks und Aussperrungen sind nicht zulässig. 
2.    Gelebte Mitbestimmung: Die Interessen der Mitarbeitenden sollen in allen Einrichtungen von Kirche und Diakonie vertreten werden. Dieser Grundsatz prägt die kirchlichen Regelungen zur betrieblichen Mitbestimmung. Träger und Einrichtungen müssen darauf hinwirken, dass Mitarbeitendenvertretungen (MAV) gebildet werden. Sie sind das kirchliche Pendant zum Betriebsrat. Der Umfang der Mitbestimmungsrechte nach dem kirchlichen Mitarbeitervertretungsrecht ist mit der im staatlichen Betriebsverfassungsgesetz geregelten Mitbestimmung gleichwertig.
3.    Christliches Profil: Alle, die in der Kirche und ihrer Diakonie tätig sind, tragen zur Erfüllung des kirchlichen Auftrags bei. Leitungen und Mitarbeitende sind eine Dienstgemeinschaft. Sie haben in ihren jeweiligen Aufgaben eine Verantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher und diakonischer Aufgaben und müssen das kirchliche und diakonische Profil der Einrichtung achten.
 

Die Kirchenparlamente in den evangelischen Kirchen in Deutschland, die sogenannten Synoden, gestalten den Rahmen für die kirchlichen Regelungen.

Die Arbeitsbedingungen, also etwa die Gehälter, werden in der Regel von Kommissionen verhandelt. Die Kommissionen sind zu gleichen Teilen mit Vertreterinnen und Vertretern der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite besetzt. Diese werden von Dienstgeber- und Mitarbeiterverbänden, Gewerkschaften und den Zusammenschlüssen der Mitarbeitervertretungen entsandt. Dieses Verfahren wird als Dritter Weg bezeichnet.

Kirchliches Arbeitsrecht gilt für alle Mitarbeitenden in Einrichtungen der Kirche und der Diakonie und damit für mehrere Millionen Menschen in Deutschland. Allein in der Diakonie sind etwa 630.000 Mitarbeitende tätig – zum Beispiel in Pflegeheimen, Krankenhäusern und Kitas.

Die Diakonie ist im evangelischen Glauben verwurzelt. Wichtig ist, dass die Mitarbeitenden die Werte der Diakonie akzeptieren und mittragen können.

Die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche ist sehr willkommen, wird aber in der Regel nicht vorausgesetzt. Angehörige vieler verschiedener Religionen und Weltanschauungen sind hier tätig.

Erforderlich ist eine kirchliche Mitgliedschaft nur in den Bereichen Verkündigung (Beispiel Pfarramt), Seelsorge, evangelische Bildung und bei einer Verantwortlichkeit in der evangelischen Profilbildung. Geregelt werden die Anforderungen in der sogenannten Mitarbeitsrichtlinie.

Hier verhandeln Arbeitsrechtliche Kommissionen die Gehälter und weitere Arbeitsbedingungen – deshalb wird der Dritte Weg auch Kommissionsmodell genannt. Die Kommissionen sind zu gleichen Teilen mit Vertreterinnen und Vertretern der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite besetzt. Beide Seiten können Anträge zur Änderung der Löhne und sonstigen Arbeitsbedingungen stellen. Erzielt ein Antrag in zwei Sitzungen nicht die erforderliche Mehrheit, kann eine unabhängige Schlichtung angerufen werden. Gibt es auch in der Schlichtung keine Einigung, hat am Ende die unabhängige Schlichterin oder der unabhängige Schlichter die entscheidende Stimme. Da das Schichtungsergebnis verbindlich ist, erhöht dies den Einigungsdruck. Streiks und Aussperrungen sind nicht erforderlich.

Dieses Modell der Arbeitsrechtssetzung wurde vom Bundesarbeitsgericht im Jahr 2012 ausdrücklich bestätigt.
 

Mit dem Modell der verbindlichen, unparteiischen Schlichtung werden einerseits die Interessen der Mitarbeitenden gewahrt, andererseits werden Arbeitskampfmittel (Streik, Aussperrung) verzichtbar, die dem kirchlichen Verständnis von friedlicher Konfliktlösung widersprechen. Dieses Modell wurde vom Bundesarbeitsgericht im Jahr 2012 ausdrücklich bestätigt. Können sich die Dienstnehmer- und Dienstgebervertreter in den Tarifverhandlungen nicht einigen, kommt es zu einem verbindlichen Schlichtungsverfahren. Zunächst verständigen sich die Dienstgeber- und die Dienstnehmerseite auf eine Schlichterin oder einen Schlichter. Sie oder er übernimmt den Vorsitz des Schlichtungsausschusses. Der Ausschuss ist außerdem zu gleichen Teilen mit Vertretenden der Dienstnehmer- und der Dienstgeberseite besetzt.

In der entscheidenden Abstimmung haben alle Mitglieder des Ausschusses ein Stimmrecht, auch die Schlichterin oder der Schlichter. Ein Beschluss benötigt nur noch eine einfache Mehrheit. Das bedeutet: Die Schlichterin oder der Schlichter kann das Zünglein an der Waage sein.  
 

Nein. Die kirchlichen Tarife im Bereich der Diakonie sind für Mitarbeitende attraktiv und für diakonische Unternehmen mit Blick auf den  Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte konkurrenzfähig. In einem Gehaltsvergleich zwischen Wohlfahrtsverbänden (Wohlfahrt Intern 2024 und 2023) belegt die Diakonie zweimal hintereinander Platz Eins. Neben der guten Vergütung punkten diakonischen Einrichtungen mit umfangreichen Sonderleistungen wie einer zusätzlichen betrieblichen Altersvorsorge, diversen Zulagen und Zuschlägen. Mehr zu den Vorteilen für Mitarbeitende unter: Arbeiten in der Diakonie

In der Regel beschreiten Kirche und Diakonie den Dritten Weg, wonach gleichberechtigt besetzte Kommissionen die Löhne und Gehälter sowie weitere Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Es gibt aber auch die Möglichkeit, kirchengemäße Tarifverträge abzuschließen. Kirchengemäß bedeutet auch hier: Es besteht uneingeschränkte Friedenspflicht. Arbeitskampfmaßnahmen – also Streik und Aussperrung - sind ausgeschlossen. Im Konfliktfall sind auch hier unabhängige Schlichtungsverfahren vorgesehen. Aktuell schließen die Diakonie Niedersachsen und Teile der Nordkirche mit Gewerkschaften kirchengemäße Tarifverträge ab.

Gewerkschaften steht es frei, sich an der kirchengmäßen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen zu beteiligen. Von dieser Möglichkeit machen zum Beispiel die Ärztegewerkschaft Marburger Bund und die Kirchengewerkschaft Gebrauch.

Zum christlichem Selbstverständnis in der Diakonie gehört: Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sollen nicht auf Kosten von Hilfebedürftigen ausgetragen werden. Das wäre aber der Fall, wenn aufgrund von Streiks und Aussperrungen diakonische Einrichtungen wie Kitas oder Pflegeheime schließen müssten. Stattdessen sieht das kirchliche Arbeitsrecht verbindliche Schlichtungsverfahren vor, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht einigen können.

Mitarbeitende haben in der Diakonie umfassende Mitbestimmungsrechte. Mitarbeitervertretungen sind beispielsweise bei jeder Neueinstellung zu beteiligen oder auch bei der Arbeitszeitorganisation in den Einrichtungen.

Aufgrund der kirchenrechtlichen Verpflichtung hierzu existieren in weit über 90 Prozent aller diakonischer Einrichtungen Mitarbeitervertretungen (MAVen). Diese Vertretungen werden regelmäßig gewählt und bestimmen in organisatorischen, sozialen und personellen Angelegenheiten mit.

Eine ähnlich hohe Vertretungsquote existiert in Deutschland nur im Öffentlichen Dienst. Details regelt das Mitarbeitervertretungsgesetz der EKD, das sich in vielen Punkten dem Betriebsverfassungsgesetz ähnelt oder übereinstimmt. 

Seit 2024 gibt es zudem eine verbindliche Regelung, wonach Mitarbeitende in den Aufsichtsgremien diakonischer Unternehmen zu beteiligen sind. Viele diakonische Unternehmen tun dies heute schon auf freiwilliger Basis. Mehr zur Unternehmensmitbestimmung in der Diakonie finden Sie hier.
 

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